Wie sieht die
aktuelle Ertragslage im Neuwagenhandel überhaupt aus? Anhand unseres
Datenmaterials 2022 haben wir folgende Vollkostenrechnung für den Neuwagenhandel
erstellt:
Die im 2022 durchschnittlich erzielte Bruttogewinnmarge von 9.1 % reichte nicht, um sämtliche direkten und indirekten Kosten des Neuwagenhandels zu decken. Zu den Kosten sind folgende Bemerkungen anzubringen:
Aufwand Verkäufer: In dieser Position ist der Personalaufwand eines Fahrzeugverkäufers inkl. Sozialleistungen und übrigem Personalaufwand enthalten, wobei nur der auf den Neuwagenverkauf anfallende Anteil berücksichtigt wurde.
Aufwand Administration: Diese Position umfasst den anteiligen Personalaufwand für Verkaufsadministration, Fahrzeugdisposition, Empfang und Büro.
Miete: Die Mietkosten wurden mit einem angemessenen Mietwert pro Quadratmeter für den Showroom sowie für die übrigen Abstellflächen (Parkplätze) ermittelt. Da der Showroom den höchsten Ansatz pro Quadratmeter aufweist und dieser üblicherweise vollumfänglich für den Neuwagenhandel genutzt wird, fallen (zusammen mit der anteilmässigen Parkfläche) mehr als die Hälfte der Mietkosten auf den Neuwagenhandel.
Übriger Betriebsaufwand: Diese Position umfasst den anteiligen Aufwand für Energie, Unterhalt, Versicherungen, Büro- und Verwaltungsaufwand sowie den übrigen Betriebskosten.
Verkaufsaufwand: Der grösste Teil der Verkaufskosten betrifft den Werbeaufwand. Dieser wiederum ist zu einem wesentlichen Teil direkt dem Neuwagenhandel zuzuordnen.
Kapitalaufwand: In dieser Position sind die Zinskosten sämtlicher Fahrzeuge enthalten, die nicht über eine Freifinanzierung laufen. Somit sind sowohl die effektiven Fremdkapitalzinsen wie auch ein kalkulatorischer Eigenkapitalzins berücksichtigt.
Abschreibungen: In dieser Position ist der kalkulatorische Wertverzehr der markenbedingten Investitionen (Markenidentifikation, Mobiliar, Bodenbeläge etc.) wie auch die anteilmässigen Abschreibungen der Administration enthalten.
Festzuhalten gilt, dass es zwischen den einzelnen Marken recht grosse Abweichungen geben kann, weshalb die ausgewiesenen Prozentsätze nur bedingt mit einzelnen Betrieben verglichen werden können.
Das negative Ergebnis der Vollkostenrechnung fällt wenig überraschend aus. Besonders bei kleineren Garagebetrieben reicht der Bruttogewinn aus dem Neuwagenhandel oft nicht einmal aus, um die Personalkosten sowie die Miete zu decken. Folglich muss das negative Ergebnis als Werbebeitrag an den Aftersales angesehen werden. Die Frage ist jedoch, wie hoch dieser Beitrag sein darf. Bei weiteren Margenkürzungen müssen sich immer mehr Garagisten die Frage stellen, ob der Salesvertrag noch Sinn macht.
Was bedeuten nun diese Zahlen für das Agenturmodell? Bei einem echten Agenturmodell fallen die direkten Kosten (Löhne Verkäufer, Miete, direkter Werbeaufwand, Kapitalaufwand sowie Abschreibungen) mehrheitlich weg. Somit muss die Verkaufsprovision des Importeurs die verbleibenden Kosten sowie einen angemessenen Gewinnanteil abdecken. Die Höhe der übernommenen Kosten und der vorgesehenen Verkaufsprovision werden voraussichtlich je nach Importeur sehr unterschiedlich ausfallen. Daher ist ein neues Vergütungssystem immer individuell zu beurteilen.
Die Einführung des Agenturmodell könnte für die Garagisten gewisse Nachteile in anderen Sparten bringen. Sollte der Importeur vorhaben, die Eintauschfahrzeuge der Kunden wie auch die Fahrzeugrücknahmen aus den abgelaufenen Leasingverträgen selbst zu vermarkten, wäre dies ein folgenschwerer Eingriff in den jüngst sehr profitablen Occasionshandel. Aber auch Kürzungen der Vergütungen für Garantien, Servicearbeiten oder bei der Teilemarge könnten sich nachteilig für die Garagisten auswirken. Diese Punkte sind bei der Analyse des neuen Vergütungssystems ebenfalls zu berücksichtigen. Deshalb ist der Garagist gut beraten, die Auswirkungen der neuen Konditionen auf die Ertragslage genau zu analysieren, bevor ein neuer Vertrag unterschrieben wird.
Die Zukunft wird zweifellos viele Veränderungen mit sich bringen. Eines ist jedoch klar: Die Importeure werden auch in Zukunft auf ihr Händlernetz angewiesen sein. Wenn sich der Garagist den neuen Herausforderungen stellt, hat er durchaus Chancen, als Gewinner aus diesem Veränderungsprozess herauszukommen.